Es gibt verschiedene Kategorien von Beziehungen zu anderen Menschen - dabei haben die romantischen und die beruflichen das höchste Potential, uns aus dem emotionalen Gleichgewicht zu bringen. Das liegt natürlich vor allem daran, dass wir mit den Menschen in diesen Kategorien üblicherweise die meiste Zeit des Tages verbringen, und das in der Regel auch über einen längeren Zeitraum. Die Phase, in der man noch sehr viel Wert darauf legt, sich von der besten Seite zu zeigen, ist also in diesen Beziehungen meistens der kleinere Teil. Kennt man sich dann besser, gibt man sich eher wie man ist und sagt, was man denkt. Und das sollte ja auch so sein, ... oder? Aber warum gibt es dann so viele Probleme in Liebesbeziehungen und unter Arbeitskollegen? Warum gibt es immer mehr Paarberater, Scheidungen und Langzeit-Singles...warum lesen wir ständig von Mobbing und warum klagen so viele Menschen über ihren langweiligen oder stressigen Job bzw. über ihren unfähigen oder unfairen Chef?
Neben dem erwähnten Faktor Zeit (bezogen auf Dauer und Intensität) gibt es noch eine zusätzliche, etwas delikate Komponente in den beiden Beziehungs-Szenarien: man kann sich Ihnen nicht so ohne Weiteres entziehen - es gibt nämlich in gewisser Weise eine Abhängigkeit. Auf beruflicher Ebene ist es eine finanzielle oder sagen wir ökonomische, in der Liebesbeziehung ist es eine emotionale Abhängigkeit. Daher ist eine Veränderung normalerweise mit dem Verlassen der Komfortzone verbunden, und das versuchen die meisten Menschen instinktiv zu vermeiden. So kann es dann passieren, dass man in einer (beruflichen oder romantischen) Beziehung verharrt, obwohl sie eine belastende Wirkung hat. Unter Umständen nicht dauerhaft, häufig gibt es Ausschläge nach oben und nach unten, gute und schlechte Phasen. Wenn allerdings die ehrliche Netto-Bilanz unter der Toleranzgrenze liegt, muss sich etwas ändern.
Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden genannten Varianten zwischenmenschlicher Beziehung ist der Umstand, dass in den meisten Fällen zwei Menschen aufeinander treffen, die - wie wir ja in den bisherigen Kapiteln gelernt haben - überwiegend von ihrem jeweiligen Unterbewusstsein kontrolliert werden. Und dieses wiederum nimmt seine Umwelt durch eine komplexe, versteckte Filtermechanik wahr, die im bisherigen Leben unbemerkt konditioniert wurde. Je nach den Lebensumständen wurde ein sehr robustes Selbstwertgefühl aufgebaut - oder eben nicht. Dabei spielen natürlich die Eltern und deren Talent für die Förderung eines gesunden Selbstwertes und für die Balance zwischen Bindung und Autonomie eine überragend wichtige Rolle. Da Eltern keinen "Führerschein" für die Kindererziehung machen müssen und in der Regel durch die eigenen Probleme ihres womöglich unterentwickelten Selbstwertes sowie die Herausforderungen des Alltags gefordert und manchmal sicherlich auch überfordert werden, benötigt man nicht viel Phantasie, um sich jede Menge Konfliktpotential beim beruflichen oder romantischen Miteinander vorzustellen.
... klingt das nicht leidenschaftlich? Tja, im Grunde schon - allerdings buchstäblich gemeint. Wenn du schon mal so richtig heftig unter einer Trennung gelitten hast - oder sogar aktuell noch darunter leidest - dann bist du evtl. über den folgenden Rat gestolpert: Mach dein Glück nicht von einem anderen Menschen abhängig. Vielleicht konntest du aber so gar nichts damit anfangen, denn was gibt es schöneres als wenn 2 Menschen sich gegenseitig glücklich machen? Das sieht man doch auch in ganz vielen romantischen Hollywood Filmen, man hört es in Pop-Songs und überhaupt...die Gesellschaft insgesamt scheint auf allen Ebenen die Beziehung als das "Normale" und das Single-Dasein als "Ausnahmezustand" zu betrachten. Und tatsächlich gibt es ja in so ziemlich jedem von uns den Wunsch nach einer anderen Person in unserem Leben, die uns Halt gibt, Geborgenheit - und der wir unsere Liebe schenken können. Das ist auch völlig okay. Es ist aber ein schmaler Grat zwischen dem Wunsch nach Geborgenheit und Liebe einerseits und andererseits einer starken Erwartungshaltung, Bedürftigkeit oder sogar Abhängigkeit in Bezug auf die Gefühle, die uns ein anderer Mensch entgegen bringen soll.
Es gibt zwei Gefahren, wenn du dein Glück von einem anderen Menschen abhängig machst: Zum Einen kann es passieren, wenn dieser Mensch mal nicht mehr für dich da ist, dass du dann automatisch nicht glücklich sein kannst oder vielleicht sogar in ein tiefes Loch fällst, je nachdem wie stark die Abhängigkeit war. Jetzt könntest du sagen, ich muss doch nicht den Teufel an die Wand malen, schließlich ist man nicht in einer Liebesbeziehung, um ständig an ihr mögliches Ende zu denken. Völlig richtig - deswegen komme ich auch direkt zur zweiten Gefahr, nämlich dass du die Beziehung und den anderen Menschen mit deiner Abhängigkeit überforderst. Wenn du zwingend den anderen zum glücklich sein brauchst, kann es passieren, dass du ihm oder ihr nicht genügend Luft zum Atmen lässt, dass du klammerst, dass du zu eifersüchtig bist und überhaupt einen gewissen Druck in die Beziehung bringst, anstatt ganz entspannt die gemeinsame Zeit zu genießen und dem anderen auch seinen Freiraum zu lassen, der in einer langfristigen Beziehung sehr wichtig ist.
Wenn du also ungewöhnlich stark und lange unter einer Trennung leidest, dann wäre es jetzt wichtig zu reflektieren, ob du die Beziehung womöglich mit einer zu großen Liebesbedürftigkeit überfrachtet hast. Es wäre nicht ungewöhnlich, falls dein Partner oder deine Partnerin dieses Gefühl von Überforderung lange unterdrückt hat - aber wie wir alle wissen, kommt etwas das man unter den Teppich kehrt, irgendwann zum Vorschein, oft unerwartet und mit einem großen Knall. Und auf der anderen Seite scheinen die Gefühle dann ganz plötzlich weg zu sein, dabei sind sie schon seit längerem schleichend weniger geworden und natürlich kann man eine Zeit lang die Augen davor verschliessen. Wenn es dann nicht mehr geht, ist der Schock um so größer.
Wenn du dich in einer solchen Situation befindest, möchte ich dir mit diesen Zeilen Mut machen: Jetzt ist die Zeit, in der du dich besser kennen lernen und wachsen kannst. Stürze dich nicht in das nächste Abenteuer, auch wenn es den Schmerz scheinbar erträglicher macht. Das verhindert die Selbsterkenntnis und kann einen anderen Menschen verletzen. Halte das Alleine-sein mal eine Zeit lang aus. Und auch wenn deine unbewussten Ängste dich etwas anderes fühlen lassen: du stirbst davon nicht. Und noch etwas - wenn du dich deinen Ängsten nicht stellst, gehen sie in den Keller und machen heimlich Krafttraining.
Es gibt eine wichtige Erkenntnis, die du durch eine Trennung gewinnen kannst: Du wirst dich davon erholen...ganz sicher. Es ist kein Weltuntergang, auch wenn es dir zunächst so vorkommt. Das ist nur deine unbewusste Konditionierung, die deinen Partner als Fortsetzung deiner Beziehung zu deiner Mutter/deinem Vater bewertet. Die Eltern sind buchstäblich für das Überleben zwingend notwendig - der Verlust der Eltern würde am Fundament deiner Existenz rütteln (zumindest in der frühen Lebensphase, aber genau diese prägt ja bekanntlich besonders stark). Und genau dieses Gefühl wird ganz tief in dir reaktiviert, wenn die Beziehung in Gefahr ist. Und wenn dieses Gefühl zu mächtig wird, siehst du überall eine Gefahr - auch in eigentlich harmlosen Situationen.
Ein Beispiel? Gerne: deine Partnerin/dein Partner möchte mal ein Wochenende etwas unternehmen, wo du nicht dabei sein kannst. Er/sie hätte also die Wahl, darauf zu verzichten, um die Zeit mit dir zu verbringen. Wenn er/sie diese Wahl aber eben NICHT trifft, sondern das Wochenende ohne dich verbringt, hast du nun zwei Möglichkeiten die Situation zu interpretieren:
Nun stelle dir die Frage: welche dieser beiden Sichtweisen wäre souveräner? Ok, das ist einfach oder? Dann stelle dir jetzt noch die Frage: möchte ich souverän sein oder verunsichert und ängstlich? Hm, das ist auch einfach zu beantworten. Dann fehlt nur noch diese Frage: Habe ich die Wahl? Und das ist tatsächlich überhaupt nicht einfach. Du kannst deine Gefühle nicht kontrollieren, aber du kannst lernen, sie zu verstehen und damit erwachsen umzugehen. Dafür kannst du dein Unterbewusstsein rekonditionieren - zumindest ein Stück weit. Ein Rest Verunsicherung wird bleiben, aber du kannst auch das über dein bewusstes Denken und Handeln im Zaum halten. Besonders spannend ist noch eine zusätzliche Möglichkeit, dir dabei Unterstützung zu holen: Mache deine Partnerin/deinen Partner zu deiner/m Verbündeten.
Bist du bei diesem letzten Gedanken vielleicht kurz innerlich zusammengezuckt? Den Partner in deine unsouveräne Gedankenwelt einzuweihen, ist ja eigentlich genau das Gegenteil von dem was dir deine innere Stimme sagt. Niemand will seine Verletzlichkeit offenbaren, man würde sich ja völlig ausliefern und die Verunsicherung und die Angst womöglich noch verschlimmern. Das führt uns direkt zu der entscheidenden Frage beim Thema romantische Beziehungen: können wir unserer inneren Stimme trauen? Also können wir dem kleinen ängstlichen Kind in uns zutrauen, uns souverän durch die Unwägbarkeiten der Erwachsenenwelt zu führen? Du ahnst es vermutlich schon: eher nicht. Denn es gehört eine gewisse geistige Reife dazu, das Offenbaren der eigenen Schwäche als ganz große Stärke zu erkennen. Es braucht Mut, um ausgerechnet der einen Person, die uns am meisten verletzen kann, die scheinbare Kontrolle über unsere Verletzlichkeit zu geben. Scheinbar, weil in Wahrheit natürlich nur du letzten Endes die Kontrolle hast. Und weil witzigerweise die Wahrscheinlichkeit relativ groß ist, dass der Partner ganz ähnliche Ängste und Unsicherheiten mit sich herumträgt.
Diese soeben genannte hohe Wahrscheinlichkeit, dass beide Parteien in einer Liebesbeziehung ähnliche Selbstzweifel haben, Unsicherheiten, Ängste bzgl. der eigenen Unzulänglichkeit (die um jeden Preis verdeckt bleiben muss), ist auf den ersten Blick sehr beruhigend. Und tatsächlich sorgt es für eine gewisse Stabilität der Beziehung, denn schon in der Anbahnung der Beziehung sucht man sich instinktiv einen Partner auf einem ähnlichen Level der Unsicherheit. Sehr selbstsichere Menschen fühlen sich einfach nicht zu jemandem hingezogen, der oder die sich nicht selbst liebt, respektiert und annimmt - auch wenn natürlich niemand ein Schild mit sich herumträgt auf dem steht:
Solche Schilder würden die Partnerwahl vielleicht vereinfachen...oder unmöglich machen. Wie dem auch sei, wir tragen diese Schilder nicht vor uns her und versuchen unbewusst eher stark und selbstsicher zu wirken. Aber die Intuition lässt sich nicht täuschen (zumindest nicht lange) und so landet man meistens in einer Beziehung mit einer Person auf ähnlichem Selbstwert-Niveau. Das bleibt aber natürlich unausgesprochen und ist beiden meistens auch gar nicht bewusst, bzw. sie verschliessen die Augen davor, weil die Wahrheit so angsteinflössend ist.Das könnte ja eigentlich eine gute Nachricht sein, wir verlieben uns in Menschen, die genauso unsicher sind wie wir selbst. Oder mit den Worten von Rocky Balboa, gefragt nach seiner Beziehung zu Adrian: "Sie ist unausgefüllt, ich bin unausgefüllt, zusammen sind wir ausgefüllt." - Klappe, Schnitt, Happy End (ok, vorher noch ein Boxkampf). Dummerweise leben wir nicht in einem Hollywood-Film und in der Realität erweist sich der fehlende Selbstwert beider Parteien oft als ein nicht erdbebensicheres Fundament. Die Beziehung kann eine ganze Weile halten, unter Umständen sogar ein Leben lang, aber wirklich glücklich wird man so nicht. Beide Partner begnügen sich damit, dass ihre Unsicherheit nicht aufgedeckt wird und verpassen dadurch die Gelegenheit, sich gegenseitig zu unterstützen, gemeinsam zu wachsen und ihren fehlenden Selbstwert zumindest ein Stück weit aufzubauen. Im Gegenteil versucht jeder unbewusst, den anderen an der persönlichen Weiterentwicklung und emotionalen Reifung zu hindern, um die Beziehung im Gleichgewicht zu halten und den anderen an sich zu binden (notfalls mit Fesseln).
Also wir halten fest: der Mensch tendiert dazu, fehlende Selbstliebe (Selbstwert, Selbstrespekt, etc. - das hängt alles miteinander zusammen) mit Liebe, Respekt, Aufmerksamkeit, Bestätigung etc. von außen zu kompensieren. Und gibt sich notfalls auch mit dem Anschein dieser Gefühle zufrieden, denn wie tief können Gefühle wirklich gehen, wenn in einer Beziehung beide Partner an dem jeweils anderen am meisten schätzen, dass er/sie die eigene Leere ausfüllt? Was sich oberflächlich eigentlich ganz romantisch anhört, bedeutet doch in Wahrheit, dass jeder vom anderen nur als Lückenfüller für die eigene Bedürftigkeit benutzt wird. Das zu erkennen und sich selbst einzugestehen benötigt schon ein großes Maß an Reflektion. Es dann aber auch noch dem Partner einzugestehen, braucht eine geistige Reife die man sich vorher erarbeitet haben muss. UND es braucht optimalerweise einen Partner, der ebenfalls bereit ist, fest konditionierte Denkmuster zu hinterfragen und ohne Rücksicht auf die eigene Schutzmauer offen zu besprechen. Für soviel "Wahrheit" sind nur die wenigsten Menschen bereit und je stärker die Selbstunsicherheit und das unbewusste Gefühl der Minderwertigkeit ausgeprägt sind, umso dicker ist die Schutzmauer, die zu durchbrechen wäre. Vor allem wenn die Erkenntnis nicht von innen durchbricht, sondern von außen kommt und einem bösartigen Rammbock ähnlicher sieht als einem liebevollen Angebot, gemeinsam das größte Hindernis auf dem Weg zum gemeinsamen Glück zu überwinden. Das Wort Wahrheit passt hier übrigens nicht wirklich, daher ist es auch in Anführungszeichen gesetzt. Denn die "Wahrheit" sieht für jeden Menschen anders aus und ist bei weitem nicht so objektiv, wie man üblicherweise annehmen würde - wir sollten das Wort hier also besser ersetzen durch den Begriff "Transparenz".
Um eine erwachsene reife Beziehung zu entwickeln, ist es unerlässlich, dass BEIDE Seiten erstens sich selbst erkennen (also die unbewusste Steuerung aller Gefühle durch ihre angstgeprägte frühkindliche Konditionierung) und zweitens erkennen, dass sie durch das Offenbaren ihrer Verletzlichkeit nicht WIRKLICH in Lebensgefahr geraten. Noch nicht einmal die Beziehung gerät dadurch in Gefahr, denn was kann mehr zusammenschweißen als das gegenseitige Teilen der innersten Gefühlswelt. Und sollte doch die Beziehung dadurch zerstört werden, dass du dich deinem Partner gegenüber offenbarst, dann wird nicht deine größte Angst Realität - sondern du wirst von einer Beziehung befreit, die kein Fundament hatte und sowieso über kurz oder lang eingestürzt wäre oder für dauerhaftes beiderseitiges Unglück gesorgt hätte. Falls der erste Schritt trotzdem schwer fällt und sich anfühlt, als stehst du nackt im Wind, fang mit einem kleinen Schritt an. Fühle vor, wie es um die Selbsterkenntnis bei deinem Partner steht und wieviel "Schwäche" (die ja in Wirklichkeit eine gigantische Stärke ist) du dir leisten kannst, ohne dein Gegenüber (und dich selbst) zu überfordern. Nach und nach wird sich zeigen, ob die Beziehung eine Zukunft hat.
Es gibt erstaunlicherweise ein Rezept für eine gelingende Beziehung, es ist sogar sehr einfach denn es besteht aus nur zwei Zutaten. Du wunderst dich, warum es sich noch nicht herumgesprochen hat und immer noch so viele Beziehungen scheitern (oder krank vor sich hin vegetieren)? Nun, das kleine ängstliche, verunsicherte und vor allem unbewusste Ich gewinnt schnell wieder die Oberhand im hektischen Alltag und lässt dich vergessen, was du gleich lesen wirst. Es wird sogar von Anfang an schon verhindern, dass du diese zwei einfachen Regeln als Rezept für deine Beziehung akzeptierst. Du musst dich auch an dieser Stelle wieder möglichst weit rekonditionieren, also die festgefahrene Prägung deiner unbewussten Gedanken und Gefühle aufbrechen, indem du dir so oft wie möglich diese Erkenntnisse ins bewusste Gedächtnis rufst. Am besten schreibst du sie dir auf ein Post-It und klebst es an den Badezimmer-Spiegel. Und denk daran: das Ganze kann nur funktionieren, wenn du deinen Partner auf diese Reise mitnimmst. Hier also nun die zwei einfachen aber unendlich mächtigen Regeln:
Wenn du deinen Partner für die Erfüllung deiner Bedürfnisse verantwortlich machst, wird früher oder später der Moment kommen, da er dieser Erwartung nicht nachkommen kann oder will. Dann ist Stress vorprogrammiert, denn das Unterbewusstsein interpretiert das als Frevel und Beweis für deine Minderwertigkeit. Freue dich darüber, wenn dein Partner deine Bedürfnisse erfüllt, aber erwarte es nicht.
Wenn du deinen Partner nicht akzeptierst, wie er ist, wirst du euch beiden unbewusst das Leben zur Hölle machen. Das heisst natürlich nicht, dass du deinen Partner nicht auf eindeutiges Fehlverhalten aufmerksam machen darfst. Das muss aber respektvoll geschehen und nicht vorwurfsvoll. Optimalerweise kennt ihr beide diese Regeln und beschliesst, euch gegenseitig bei der Persönlichkeits-Reifung (also beim wirklich "erwachsen werden") zu unterstützen. Du musst aber akzeptieren, dass dein Partner aktuell noch das Ergebnis seiner bisherigen Lebenserfahrung und unbewussten Konditionierung ist.
Es gibt noch einen kleinen Trick, um die Wahrscheinlichkeit für das Gelingen einer Beziehung zu erhöhen. Dazu steigen wir mal kurz in das Cockpit eines Piloten-Azubis während seiner Ausbildung. Dabei wird unter anderem relativ viel Wert darauf gelegt, dass der zukünftige Flugkapitän ein Flugzeug - nicht selten gefüllt mit einer dreistelligen Zahl an Passagieren - möglichst in einem Stück zum Boden bringt. Für die mentale Vorbereitung auf die Stresssituation der Landung bedient man sich einer psychologischen Rafinesse: man kehrt nämlich die Erwartungshaltung für den Erfolg der Landung um. Nicht die perfekte Landung beim ersten Versuch wird als der Normalfall definiert, sondern das Durchstarten beim Erkennen einer Problemsituation während des Landeversuchs. Sollte der Vorgang wider Erwarten doch reibungslos vonstattengehen, freut sich der Pilot um so mehr über diesen "Ausnahmefall". Im Ergebnis erleben wir im Falle einer misslungenen Landung und dem dann "planmäßigen" Durchstarten in der Regel sehr aufgeregte Fluggäste aber einen ganz ruhigen Piloten, der mit entspannter Stimme eine entsprechende Durchsage formuliert: "Sehr geehrte Fluggäste, für den Fall dass einige von Ihnen den Anflug auf den Flughafen verpasst haben, möchten wir Ihnen nun noch einmal die Skyline von Frankfurt präsentieren...". Und das ist genau die Einstellung, die du dir zu eigen machen solltest, wenn du in eine ernste Beziehung gehst: "Es ist relativ unwahrscheinlich, dass mir die perfekte Beziehung gelingt. Ich bereite mich also innerlich auf das Durchstarten vor...freue mich aber, wenn es doch länger hält - oder vielleicht sogar für immer". Dieser mindset hilft, die Dinge nicht so verbissen zu sehen und die Erwartungen nicht zu hoch zu hängen.
Viel Glück.
P.S.: Sollte es trotzdem mit der gegenseitigen Liebe nicht klappen, mache dir eines bewusst: Du kannst die Gefühle eines anderen Menschen nicht kontrollieren. Du kannst ja nicht einmal deine eigenen kontrollieren.