Solange du dein Glück von anderen Menschen oder materiellem Besitz abhängig machst, ist es nicht nachhaltig zu erreichen. Es ist natürlich schön verliebt zu sein, und auch eine schicke Wohnung oder ein tolles Auto wollen dich vom Gegenteil überzeugen. Aber wenn du die rosarote Brille abnimmst und einen nüchternen Blick auf deine Erlebnisse wirfst, wirst du ihnen einen gewissen Achterbahn-Charakter nicht absprechen können - und das ist auch völlig in Ordnung. Problematisch wird es, wenn du den ständigen Wechsel von Auf und Ab als belastend empfindest. Wenn dich eine positive Erfahrung übermäßig euphorisiert, du eine negative Wendung des Schicksals aber als total niederschmetternd wahrnimmst. Oder du das Gefühl hast, die ungünstigen Anteile überwiegen unter dem Strich und das Leben ist tendenziell gegen dich. Auch die Sorge, den Erwartungen deiner Umwelt nicht gerecht zu werden bzw. ganz generell "nicht gut genug" zu sein, steht dauerhaftem Glück im Wege.
Daher soll an dieser Stelle mal wieder deine geistige Flexibilität gefordert werden - d.h. die Denkmuster, die dich dein vermutlich gesamtes bisheriges Leben begleitet und geprägt haben, stellen wir einfach mal in Frage: könnte es sein, dass das zwanghafte Festhalten an Menschen und die unbedingte Absicherung des persönlichen Besitzes NICHT der Weisheit letzter Schluss sind? Diese Frage brauchen wir sicherlich nicht einer religiösen Institution oder einem Versicherungsvertreter zu stellen. Und überhaupt ist die Gesellschaft insgesamt darauf optimiert, genau diese Zielsetzungen für jedes Individuum zu fördern und auch subtil zu fordern (teilweise sogar auch sehr offensiv). So dauert es z.B. üblicherweise nicht sehr lange, bis ein junges Paar von Familie und Freunden gefragt wird, wann denn wohl die Hochzeitsglocken läuten.
Nun soll an dieser Stelle kein Plädoyer gegen feste Bindungen folgen - auch das Streben nach Sicherheit und Wohlstand ist nicht verwerflich. Sich jedoch darüber zu definieren und die Erfüllung des Lebens darin zu suchen birgt ein nicht zu unterschätzendes Risiko: die Angst vor Verlust gewinnt an Bedeutung und übernimmt die Macht über unser Denken und Handeln. Sie steht einem gelassenen und souveränen Umgang mit den natürlichen Schwankungen des Lebens im Weg. Der dafür nötige innere Friede ist also das eigentliche Ziel des Lebens: zu erkennen was wirklich wichtig ist, und was uns nur von unserem ängstlichen kleinen Ich als wichtig vorgegaukelt wird.
Innerer Friede, im Einklang mit sich, seine geistige Mitte finden, es gibt viele Umschreibungen für den Zustand, mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Vor allem seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts (der Blütezeit der Hippies und der alternativen Lebensart) haben diese und weitere Begriffe aus dem Themenbereich "Selbsterfahrung" Einzug in den alltäglichen Sprachgebrauch gehalten, was ihnen allerdings viel von ihrer Strahlkraft genommen hat. Da sie außerdem mit den hektischen Anforderungen der Leistungsgesellschaft kollidieren, werden sie in der Regel belächelt oder sogar lächerlich gemacht. Oder sie werden in Selbstfindungs- bzw. Motivations-Seminaren verheizt, wodurch die Menschen glauben, es gäbe eine einfache Wegbeschreibung zu sich selbst. Bemerkenswerterweise stimmt das auf gewisse Art sogar, es ist aber überhaupt nicht einfach, diesen Weg zu gehen. Du kämpfst dabei nicht nur gegen die Jahre und Jahrzehnte der Prägung in deinem bisherigen Leben, sondern im Grunde auch gegen die Jahrtausende bzw. sogar Jahrmillionen der Evolution - und die kann für das Überleben in einer meist rauhen Umwelt ziemlich erfinderisch sein.
Die "einfache Wegbeschreibung" soll natürlich an dieser Stelle nicht unterschlagen werden, auch wenn sie wie erwähnt heutezutage eigentlich kein Geheimnis mehr ist. Sie wird sogar so inflationär auf sämtlichen Kanälen der zwischenmenschlichen Kommunikation verbreitet, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Du findest sie in Form von Kalendersprüchen, Songtexten und Internet-Weisheiten in den verschiedensten Varianten. Auch die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen und Handlungsanweisungen bekommt man an jeder Ecke um die Ohren gehauen. Ich will mich hier auf die Kernaussage beschränken:
Nun könntest du sagen: "Ja aber das bin doch ICH, das macht mich aus." - und damit wirst du in der Regel auch Zustimmung bekommen, das ist die gesellschaftlich anerkannte Sicht auf das Individuum. Wie gehst du aber nun mit der folgenden Information um: Menschen, die sich von dieser Sichtweise lösen - und damit von der Kontrolle durch ihr unbewusstes "kleines Ich" - haben genau den inneren Frieden, den du dir doch so sehr wünschst. Sie sind mit sich und der Welt im Einklang und strahlen das auch aus.
Du kannst dich also nun entscheiden: willst du die Perspektive der meisten unbewussten Menschen teilen, die alle (ob sie es zugeben oder nicht) unter der Kontrolle durch das angstgeprägte "Ich" leiden - oder willst du darüber hinaus blicken? DU entscheidest das selbst! Das schöne daran ist, dass dir diese Entscheidung nicht auf der Stirn geschrieben steht. Du musst diese für andere Menschen ungewohnte Sichtweise nicht kundtun und daher auch nicht rechtfertigen. Du solltest dich auch auf keinen Fall über andere Menschen erheben, weil du glaubst, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Dieser Weg ist ein innerer Weg, du musst ihn für dich alleine gehen und du kannst niemanden missionieren, der nicht dafür bereit ist. Es gibt aber Menschen, die diesen Weg auch gehen - und diese können wertvolle Wegweiser sein.