Life Instructor

Instant Gratification

At the end of your feelings is nothing. But at the end of every principle is a promise.

(Eric Thomas)

Impulskontrolle

Der vom Psychologen Walter Mischel 1968 entwickelte "Marshmallow-Test" war wegweisend in der Forschung zur Impulskontrolle und des daraus ableitbaren Verhaltens. Die Ergebnisse wurden mehrfach bestätigt und sind vor allem unter dem Aspekt der Langzeit-Studie außerordentlich aufschlussreich. Sie lassen sich auf die folgende Kernaussage komprimieren: Wem es gelingt, sich nicht von situationbedingten Impulsen steuern zu lassen, der ist nicht nur langfristig erfolgreicher im Leben, sondern auch psychisch robuster (d.h. lässt sich von Rückschlägen nicht entmutigen) und hat ein stabileres soziales Umfeld. Und hier schliesst sich natürlich auch wieder der Kreis zu frühesten Kindheitserfahrungen: Wenn es den Eltern gelingt, das Urvertrauen des Kindes (dass die Welt ein grundsätzlich freundlicher Ort ist) möglichst unbeschädigt zu lassen, wirkt sich das positiv auf den gesamten Verlauf des Lebens aus. Aus den Kindern werden tendenziell zielstrebige, selbstbewusste Erwachsene mit hoher Sozialkompetenz, die gelassener mit den Aufs und Abs des Lebens umgehen können.

Was dem entgegensteht, ist die hormonell bedingte Eigenschaft des Gehirns, kurzfristige Belohnungen zu bevorzugen. Vielen Menschen fällt es schwer, ein Musikinstrument zu lernen, weil die Belohnung nicht unmittelbar erfolgt. Ähnliches gilt für die meisten Sportarten: in der Regel stellt sich ein sichtbarer Erfolg erst langfristig ein. Nur wer es schafft, das Training zu einem Prinzip zu erheben und dem wahrscheinlich häufigen Impuls "ich habe heute mal keine Lust" zu widerstehen, wird belohnt. Ein weiteres gutes Beispiel ist der lebenslange Kampf zwischen der schnellen Belohnung durch genussreiches Essen und der langfristigen Belohnung durch das Erreichen und Halten der strandtauglichen Sommerfigur. Prinzipien, Gewohnheiten und Rituale sind die mächtigen Werkzeuge des Bewusstseins, um die spontane Machtübernahme durch impulsartige Gefühlsgewitter zu verhindern. Ich muss es vermutlich nicht extra betonen, aber hinter diesen Impulsen steckt - natürlich - das kleine, schwache Ich, dass für vernunftorientierte Argumente und langfristige Planungen einfach nicht aufgeschlossen ist. Und das wahrscheinlich beste Beispiel für fehlende Impulskontrolle ist das Rauchen. Wenn man in einem ruhigen bewussten Moment entscheidet, damit aufzuhören, dann fällt diese Entscheidung quasi in Abwesenheit des kleinen, unsicheren Ichs - das aber sofort wieder hellwach und sehr präsent ist, sobald man in eine Stress-Situation gerät.

Die schnelle Belohnung

Neben der gerade beschriebenen Selbstbelohnung gibt es noch zwei weitere Varianten, über die das kleine unbewusste Ich sich gerne eine kurzfristige Belohnung verschafft und somit seine gefühlte Schwäche kompensiert. Beiden ist gemeinsam, dass sie nur in der Interaktion mit anderen Menschen funktionieren. Die eine ist das Bedürfnis, anderen zu gefallen, d.h. ihren Erwartungen zu entsprechen und dafür gelobt (oder zumindest nicht kritisiert) zu werden. Bei der anderen geht es darum, sich im übertragenen Sinn über andere Menschen zu stellen, d.h. sich stärker, klüger oder mächtiger zu fühlen und das auch deutlich bestätigt zu bekommen. Zu beiden Mustern gibt es ebenfalls sehr berühmte und aufschlussreiche psychologische Studien bzw. Experimente.

Beim Milgram-Experiment wurde zufällig ausgewählten Probanden eine Labor-Situation vorgetäuscht, in der sie im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie anderen Menschen Fragen stellen und ihnen bei falschen Antworten Stromstösse versetzen sollten. Die Stromstösse wurden simuliert, indem die befragte Person (die Teil der Täuschung war und sich hinter einer Wand befand) passende Schmerzensschreie von sich gab. Die scheinbare Stromstärke sollte dann vom Probanden im Laufe der Fragestellungen erhöht werden bis zu einem potentiell tödlichen Wert. Eine unerwartet hohe Zahl der Teilnehmer folgte den Anweisungen des Labor-Leiters so weit, bis die Schmerzensschreie für sie unerträglich wurden und sie massive gesundheitliche Schäden beim Befragten befürchten mussten - einige gingen sogar darüber hinaus. Die Ergebnisse des Experiments wurden in mehreren Studien bestätigt und gelten als fundiert.

Beim Stanford-Prison-Experiment wurden zufällig ausgewählte Studenten in eine künstlich erzeugte Gefängnis-Situation versetzt, dergestalt dass die eine Hälfte der Probanden die Insassen "spielten" und die anderen die Wärter. Es wurden einige Verhaltensregeln für die Insassen festgelegt und die Wärter wurden aufgefordert, diese durchzusetzen, wobei sie frei waren in der Wahl ihrer Mittel. Innerhalb weniger Tage entwickelten die Wärter ein derart unmoralisches und teilweise sadistisches Verhalten, dass das Experiment abgebrochen werden musste. Über die exakten Schlussfolgerungen aus diesem Fall streiten die Experten bis heute, aber eine generelle Tendenz des Menschen zum Machtmissbrauch ist unstrittig.

Natürlich sind das Extremfälle und wir reden dabei nur über Wahrscheinlichkeiten von Verhaltensmustern bei prozentualen Anteilen einer Gruppe. Es zeigt sich aber, dass wir wichtige und langfristige Entscheidungen besser nicht von unseren Ängsten und Sehnsüchten treffen lassen - vor allem nicht wenn wir unter Druck gesetzt werden, unsere Prinzipien über Bord zu werfen. Die oben beschriebenen teilweise katastrophalen Entscheidungen entstanden aus dem gefühlsorientierten Wunsch, es einer übergeordneten Autorität Recht zu machen, bzw. gegenüber einer untergeordneten Person "recht" zu haben und das auch durchzusetzen. Ein einfaches Prinzip hätte diese Verhaltensmuster ausgehebelt:

Was du nicht willst, dass man dir tu' - das füg' auch keinem anderen zu!
smiley

Life Instructor


gnothi seauton